Bürgerenergie - so beteiligen Sie sich an Windkraftanlagen

Windkraftanlagen

Die Energiewende in Deutschland lebt von der Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger. Während Großinvestoren lange Zeit den Markt dominierten, gewinnen Bürgerenergieprojekte zunehmend an Bedeutung. Insbesondere bei Windkraftanlagen gibt es verschiedene Möglichkeiten, sich finanziell zu beteiligen und gleichzeitig einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Dieser Artikel zeigt Ihnen, wie Sie Teil der Energiewende werden können.

Was ist Bürgerenergie?

Unter Bürgerenergie versteht man Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien, an denen sich Privatpersonen, lokale Unternehmen oder Kommunen finanziell beteiligen können. Das Ziel ist eine dezentrale, demokratische und nachhaltige Energieversorgung, bei der die Wertschöpfung in der Region bleibt.

Bürgerenergieprojekte haben in Deutschland eine lange Tradition. Bereits in den 1990er Jahren entstanden die ersten Bürgerwindparks, vor allem in Norddeutschland. Heute gibt es bundesweit über 1.000 Energiegenossenschaften mit mehr als 200.000 Mitgliedern.

Beteiligungsmodelle im Überblick

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, sich an Windkraftprojekten zu beteiligen. Die wichtigsten Modelle im Überblick:

1. Energiegenossenschaften

Energiegenossenschaften sind die klassische Form der Bürgerbeteiligung. Als Mitglied einer Genossenschaft werden Sie Mit-Eigentümer der Windkraftanlagen und haben in der Generalversammlung eine Stimme, unabhängig von der Höhe Ihrer Einlage. Die Mindestbeteiligung liegt typischerweise zwischen 100 und 1.000 Euro.

Vorteile:

  • Demokratisches Prinzip (ein Mitglied, eine Stimme)
  • Geringe Einstiegshürde
  • Stabile Dividenden (typischerweise 2-5% pro Jahr)
  • Geringe Insolvenzgefahr

Nachteile:

  • In der Regel keine feste Rendite garantiert
  • Begrenzte Mitbestimmung bei operativen Entscheidungen

2. GmbH & Co. KG Modell

Bei diesem Modell beteiligen sich Bürgerinnen und Bürger als Kommanditisten an einer GmbH & Co. KG, die die Windkraftanlage betreibt. Die Mindestbeteiligung liegt hier typischerweise bei 2.000 bis 10.000 Euro.

Vorteile:

  • Höhere Renditechancen als bei Genossenschaften
  • Begrenzte Haftung auf die Einlage
  • Stimmrecht entsprechend der Höhe der Einlage

Nachteile:

  • Höhere Mindestbeteiligung
  • Komplexere Struktur
  • Höheres Risiko

3. Nachrangdarlehen und Anleihen

Eine weitere Möglichkeit sind Nachrangdarlehen oder Anleihen, die von Projektentwicklern oder Betreibern angeboten werden. Hierbei verleihen Sie Geld für eine festgelegte Laufzeit und erhalten einen festen Zinssatz.

Vorteile:

  • Feste Zinsen (typischerweise 3-6% pro Jahr)
  • Festgelegte Laufzeit
  • Kein unternehmerisches Risiko (außer Insolvenz des Betreibers)

Nachteile:

  • Kein Stimmrecht oder Mitsprache
  • Im Insolvenzfall nachrangig gegenüber anderen Gläubigern

4. Sparprodukte regionaler Banken

Einige Regionalbanken und Sparkassen bieten spezielle Sparprodukte an, deren Einlagen gezielt in lokale Windkraftprojekte investiert werden.

Vorteile:

  • Sehr geringes Risiko
  • Einfache Abwicklung
  • Niedrige Einstiegsschwelle

Nachteile:

  • Niedrige Rendite
  • Keine direkte Beteiligung oder Mitsprache

Beispielprojekt: Bürgerwindpark Neuenkirchen

Wie ein erfolgreiches Bürgerprojekt aussehen kann, zeigt der Bürgerwindpark Neuenkirchen in Schleswig-Holstein. Hier wurden vier Windkraftanlagen mit einer Gesamtleistung von 12 MW realisiert. Die Finanzierung erfolgte durch:

  • 50% Eigenkapital durch eine Bürgerenergiegenossenschaft mit 200 Mitgliedern
  • 40% Bankdarlehen
  • 10% Nachrangdarlehen von Bürgern aus der Region

Die Mitglieder der Genossenschaft haben im Durchschnitt 5.000 Euro investiert und erhalten eine jährliche Dividende von 3-4%. Zusätzlich fließt ein Teil der Erträge in einen Regionalfonds, der lokale Vereine und soziale Projekte unterstützt.

Worauf Sie achten sollten

Bevor Sie in ein Windkraftprojekt investieren, sollten Sie folgende Punkte beachten:

1. Projektprüfung

  • Standortqualität: Windaufkommen und Netzanschluss
  • Erfahrung und Reputation des Projektentwicklers
  • Wirtschaftlichkeitsberechnung und Ertragsprognosen
  • Genehmigungssituation

2. Finanzielle Aspekte

  • Verhältnis von Eigen- und Fremdkapital
  • Laufzeit der Investition
  • Renditeerwartungen und deren Berechnung
  • Ausstiegsmöglichkeiten

3. Rechtliche Rahmenbedingungen

  • Ausgestaltung der Verträge
  • Haftungsrisiken
  • Steuern auf Erträge

Es empfiehlt sich, bei größeren Investitionen einen unabhängigen Finanz- oder Rechtsberater hinzuzuziehen.

Die Zukunft der Bürgerenergie

Die Bundesregierung hat im Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG) 2023 besondere Regelungen für Bürgerenergiegesellschaften verankert. Diese erhalten Erleichterungen bei Ausschreibungsverfahren und profitieren von vereinfachten Genehmigungsverfahren.

Experten gehen davon aus, dass Bürgerenergieprojekte in den kommenden Jahren einen entscheidenden Beitrag zur Akzeptanz der Energiewende leisten werden. Durch die direkte Beteiligung der lokalen Bevölkerung können Widerstände gegen neue Windkraftanlagen reduziert und die regionale Wertschöpfung gesteigert werden.

Fazit: Investieren mit doppelter Rendite

Die Beteiligung an Windkraftprojekten bietet nicht nur eine finanzielle Rendite, sondern auch die Möglichkeit, aktiv zur Energiewende beizutragen. Je nach persönlicher Präferenz und Risikobereitschaft stehen verschiedene Beteiligungsmodelle zur Verfügung.

Bürgerenergieprojekte demokratisieren die Energiewende und ermöglichen es auch Menschen mit kleineren Anlagebeträgen, Teil der nachhaltigen Energiezukunft zu werden. Mit sorgfältiger Auswahl der Projekte und einem langfristigen Anlagehorizont können attraktive Renditen bei überschaubarem Risiko erzielt werden.

Wenn Sie an konkreten Beteiligungsmöglichkeiten in Ihrer Region interessiert sind, empfehlen wir Ihnen, sich an das Netzwerk Bürgerenergie oder Ihre lokale Energieagentur zu wenden.

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